Was ist Produktivitäts-Management und
Produktivitäts-Tuning ?
Die Aufgabe von Produktivitäts-Management
bzw. Produktivitäts-Tuning besteht darin, die Produktivität
im Projekt auf einem maximalen Niveau zu halten bzw. dort hin zu
bringen, d.h. zu gewährleisten, dass das Projekt mit maximaler
Geschwindigkeit voranschreitet und mit den gegebenen Personen und
Resourcen das Maximale erreicht wird. Zu diesem Zweck werden sowohl
die aktuell verwendeten als auch mögliche alternativen Vorgehensweisen
jeweils nach ihren Kosten und ihrem Nutzen beurteilt. Wenn der Nutzen
einer alternativen Vorgehensweise größer ist als die
Kosten, zu ihr zu wechseln und nach ihr vorzugehen, so sollte sie
gewählt werden, um die Produktivität im Projekt zu steigern,
vorausgesetzt, es gibt keine anderen, wichtigeren Kriterien, die
etwas anderes besagen. Insbesondere stellt der produktivitätsorientierte
Ansatz damit so weit wie möglich sicher, dass in einem Maximum
der Fälle die kosten- und aufwandsgünstigste Alternative
gewählt wird. So stellt Produktivitäts-Management sicher,
dass die Zeit und die Ressourcen optimal genutzt werden und damit
die Wahrscheinlichkeit maximiert wird, dass Termin und Budget gehalten
werden können.
Typische Produktivitäts-Schwachstellen
Unter anderem in den folgenden Bereichen
herrschen typischerweise erhebliche Produktivitätsdefizite
in Software-Projekten:
1. Verteilung und Koordination der Arbeiten
2. Dokumente
3. Kommunikation
4. Technische Infrastruktur
5. Tooleinsatz
6. Richtlinien
7. Planung
Auf diese verschiedenen Punkte wird im
folgenden teilweise noch im Detail eingegangen.
Eine Steigerung der Produktivität kann
dabei jeweils auf verschiedenen Ebenen erfolgen, auf der Ebene des
einzelnen Mitarbeiters, der Ebene des Projektteams sowie der Projektebene.
Der produktivitätsorientierte Ansatz stellt zur Überprüfung
und Maximierung der Produktivität verschiedene Mittel zur Verfügung
und zeigt Wege auf, wie dies erreicht werden kann.
Produktivitäts-Management in Bezug
auf den einzelnen Mitarbeiter
In Bezug auf einen einzelnen Mitarbeiter bedeutet
dies beispielsweise dafür zu sorgen,
- dass er mit optimaler Geschwindigkeit arbeiten
kann,
- dass ihm/ihr alle Mittel und Tools zur Verfügung
stehen, um effizient arbeiten zu können und
- dass er/sie beispielsweise nicht auf andere
warten muss oder sonst wie durch andere in seiner Arbeit behindert
wird.
Auf der anderen Seite bedeutet dies aber auch,
dafür zu sorgen,
- dass er/sie zielstrebig und konzentriert
in Richtung auf das Projektziel hin arbeitet
- und mit allen anderen in die gleiche Richtung
marschiert.
Die wichtigsten Fragen, die dem einzelnen Mitarbeiter
gestellt wird, lauten:
- "Können Sie mit optimaler Geschwindigkeit
arbeiten oder behindert Sie irgendetwas in Ihrem Vorankommen?"
- oder konkreter "Mit welcher Produktivität
können Sie derzeit arbeiten bzw. um wie viel produktiver
könnten Sie arbeiten, wenn bestimmte Dinge geändert
würden?
- Woran liegt es, dass Sie derzeit nicht optimal
vorankommen ?
- Was müsste geändert werden, damit
Sie optimal vorankommen? "
Diese Fragen können mündlich gestellt
werden oder aber auch schriftlich in Form von Fragebogen. Zusätzlich
zur Frage nach seiner eigenen Produktivität kann auch nach
seiner Einschätzung zur Produktivität seines Teams bzw.
des Gesamtprojektes gefragt werden. Jeder Mitarbeiter wird im allgemeinen
in der Lage sein, diese Fragen kompetent zu beantworten. Die Antworten
sind zudem sehr viel aussagekräftiger über den Zustand
und das Voranschreiten des Projektes als Antworten auf die Frage
danach, ob der Termin eingehalten werden kann und geben oft bereits
Hinweise darauf, wie die Produktivität im Projekt verbessert
werden kann. Dabei kann sowohl qualitativ danach gefragt werden,
ob die Produktivität als gut (=grün), verbesserungsfähig
(=gelb) oder stark verbesserungsbedürftig (=rot) beurteilt
wird als auch nach einer quantitativen Beurteilung in Prozent der
maximal möglichen Produktivität. Ein erster solcher Fragebogen,
mit dem Sie bereits einen ersten Anhaltspunkt erhalten, ob Produktivitäs-Management
oder Produktivitäts-Tuning für Ihr Projekt sinnvoll, steht
online bereit.
Wann ist Produktivitäts-Management
sinnvoll ?
Falls sich bei dieser Befragung herausstellt,
dass die Produktivität geringer ist als 80% (oder als Status
vornehmlich gelb genannt wird), so sollte man in Betracht ziehen,
den produktivitätsorientierten Ansatz anzuwenden, denn typischerweise
sollte mit diesem die Produktivität in relativ kurzer Zeit
und mit vergleichsweise geringem Aufwand auf 75%-90% gesteigert
werden können. Falls die Produktivität geringer als 60%
ist (oder oft rot als Status angegeben wird), so sollte man sich
dringend mit der Produktivität im Projekt auseinanderandersetzen,
da ansonsten ein Überschreiten der Termine und der Kosten sehr
wahrscheinlich ist. Wenn man sich scheut, diese Fragen im Projekt
zu stellen, oder wenn Mitarbeiter sich scheuen, auf diese Fragen
zu antworten, so ist dies bereits ein sehr schlechtes Zeichen für
die Produktivität im Projekt.
Oft zeigen sich in den Antworten auf diese Fragen
bereits Produktivitätsschwachpunkte der nächsten Ebene,
der Ebene des Projektteams. Wenn von einzelnen Mitarbeitern darauf
hingewiesen wird, dass sie öfter auf Ergebnisse oder Mitarbeiter
anderer Teams warten müssen, deutet dies auf eine mangelhafte
Koordination hin. Wenn sie darauf hinweisen, dass sie manchmal Schwierigkeiten
haben, den richtigen Ansprechpartner oder das richtige Dokument
zu finden, so deutet dies auf verbesserungswürdige Kommunikation
oder schlechtes Dokumentenmanagement hin.
In jedem Fall betrachtet der produktivitätsorientierte
Ansatz Defizite, die sich hierbei zeigen, als augenblicklichen Anlass
zum Handeln, selbst wenn es derzeit noch den Anschein hat, als könne
der Termin ohnehin gehalten werden. Denn in der Mehrzahl der Fälle
wird sich ohnehin herausstellen, dass man es sich nicht leisten
konnte, Zeit zu verschenken.
Produktivitäts-Management in Bezug
auf das Projekt-Team
Generell sind Produktivitätsdefizite auf
dieser Ebene manchmal sehr schwer zu erkennen. So kann es passieren,
dass jeder Mitarbeiter die ihm zugewiesene Arbeit mit optimaler
Geschwindigkeit erledigt und die Produktivität trotzdem sehr
schlecht ist. Dies ist manchmal selbst für Personen mit detailliertem
technischen Hintergrundwissen nur nach einer ausführlichen
Analyse zu erkennen, für Personen ohne dieses Hintergrundwissen
überhaupt nicht.
So wird schon bei der Aufteilung der Arbeiten
auf die verschiedenen Mitarbeiter und Teams bis zu 70% der möglichen
Produktivität verschenkt. Beispielsweise unterscheidet sich
die Produktivität von Mitarbeitern für eine bestimmte
Tätigkeit oft um einen Faktor 3, selbst wenn diese über
ähnliche Kenntnisse und Erfahrungen verfügen. Wenn die
Zuteilung von Arbeiten nur aufgrund des Profils erfolgt, wie dies
oft geschieht, so werden diese Produktivitätsreserven verschenkt.
Stattdessen sollten sowohl bei der Zuteilung der Arbeiten als auch
bei der Zusammenstellung von Teams die Kenntnisse, Erfahrungen und
Vorlieben im Detail berücksichtigt werden.
Weitere Produktivität wird verschenkt,
wenn es öfter als unbedingt nötig zu Übergaben von
Arbeiten von einer auf eine andere Person kommt. Stattdessen sollte
generell darauf geachtet werden, dass die Zuteilung der Arbeiten
auf die Mitarbeiter und Teams den Kommunikationsbedarf minimiert.
Auch wird beim produktivitätsorientierten
Ansatz explizit darauf geachtet, dass nicht das passiert, was beim
terminzentrierten Ansatz so oft zu Mehraufwänden führt,
ohne dass die Beteiligten sich dessen auch nur bewusst wären.
Insbesondere, wenn der Druck im Projekt sehr groß wird, passiert
es dort oft, dass einzelne Mitarbeiter oder Teams in dem Bestreben,
ihre eigenen Termine zu halten, Arbeiten, die zwar für andere
oder für eine spätere Projektphase wichtig wird, nicht
in der gebotenen Sorgfalt und Ausführlichkeit ausführen.
Dies führt oft bei anderen Mitarbeitern oder Teams oder in
einer späteren Projektphase zu Mehraufwänden, die um ein
Vielfaches höher sind als die eingesparten Aufwände.
Produktivitäts-Manager und Produktivitäts-Analysen
Dieser letzte Punkt zeigt bereits, dass die
Sicherstellung der maximalen Produktivität neben dem technischen
Detailwissen auch einen übergeordneten Blickwinkel erfordert
und dass dies nicht den einzelnen Teams oder jedem einzelnen Mitarbeiter
überlassen werden sollte. Daher empfiehlt der produktivitätsorientierte
Ansatz, die Position eines Produktivitätsmanagers einzurichten.
Dieser muss wie gesagt einen übergreifenden Blickwinkel verfügen
sowie über ausgiebige Erfahrungen in allen Bereichen der Software-Entwicklung
und das nötige technische Detailwissen, um die verschiedenen
technischen und organisatorischen alternativen Wege, die im vorigen
Kapitel angesprochen wurde, kompetent gegeneinander abwägen
zu können.
In kleineren Projekten reicht es auch oft, die
Position des Produktivitäts-Managers nicht permanent zu besetzen,
sondern diesen am Anfang und gegebenenfalls zwischendurch eine Produktivitätsanalyse
und einen Project Productivity
Guide erstellen zu lassen. Diese können von den Projektmitarbeitern
anschließend genutzt und gegebenenfalls ergänzt werden.
Produktivitäts-Management auf der Ebene
des Gesamtprojektes
Noch wichtiger ist der übergreifende Standpunkt
und die technische und organisatorische Kompetenz des Produktivitätsmanagers
auf der dritten Ebene, der des Projektes, in der es darum geht,
den optimalen Weg zur Erreichung des Projektziels zu finden und
einzuschlagen. Insbesondere wird hierbei geprüft, ob eine andere
Architektur, der Einsatz von Standard-Software, von anderen Tools,
Technologien oder anderen Entwicklungsmethoden zu einer Verbesserung
der Produktivität und damit zu Einsparungen führen können.
Falls auf dieser Ebene eine Entscheidung für die falsche Alternative
stattfindet, so kann allein dies oft zu einem um den Faktor 2-10
höheren Aufwand führen, beispielsweise wenn eine zu komplexe
Architektur gewählt wird.

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